Seit sich in der Kaiserzeit ein modernes Zentrum mit West-Ost-Gefälle konsolidiert hatte, gab es auch planerische Anstrengungen, dieses zu erweitern. Bereits erwähnt wurden die Sanierung des Scheunenviertels und die Errichtung des Passage-Kaufhauses am Oranienburger Tor, die als öffentliche bzw. private Strategie zur Ausdehnung des Zentrums nach Norden bzw. Nordosten interpretiert werden können. Bescheidenere Versuche galten auch - insbesondere in der Weimarer Republik - einer Süderweiterung - in Fortsetzung des Belle-Alliance-Platzes jenseits des Landwehrkanals.
Bei weitem gewaltiger waren die Bemühungen zur Zentrumserweiterung West, zur Ausdehnung der City über die Grenzen der Dorotheen- und Friedrichstadt sowie der erst seit 1830 entwickelten Friedrich-Wilhelm-Stadt hinaus. Zwei Orte waren hier wichtig. Zuallererst ist der Endpunkt einer der Hauptstraßen der Friedrichstadt zu nennen - der Leipziger Platz, an den sich der Potsdamer Platz als Zwilling anschloß, der Vorplatz eines bedeutenden Fernbahnhofs und damit Transmissionsriemen des Massenverkehrs. Hier lag der "natürliche" Ansatzpunkt für eine Ausdehnung des historischen Zentrums. Als zweiter Schlüsselort fungierte weiter nördlich der Königsplatz, dessen Lage aber deutlich isolierter war. Im Zuge der Überlegungen zum zentrumsstiftenden Ausbau des Spreebogens rückte ein drittes, anschließendes Gelände ins Visier der Planer: das Gebiet um den Lehrter Fernbahnhof. Allerdings war dieses Gelände doppelt abgeschottet: zum Spreebogen hin durch den Flußlauf und zur City hin durch die Barriere der Charité, die nur wenige Verbindungen zuließ. Anders als der Leipziger Platz wurde der Pariser Platz nicht ernsthaft zum Ausgangspunkt einer Zentrumserweiterung auserkoren, wenngleich es auch hier nicht an Versuchen gemangelt hat. Der durch das Brandenburger Tor vermittelte Übergang zwischen der Prachtstraße Unter den Linden und dem Tiergarten schien letzten Endes sakrosankt oder - profaner gesprochen - weniger attraktiv, da die Brückenfunktion zu bereits bebautem Gebiet fehlte.
Die in der Kaiserzeit begründeten Bemühungen zur Zentrumserweiterung West wurden über alle politischen Brüche hinweg bis heute fortgesetzt. Sie sind zu unterscheiden in isolierte Einzelplanungen für Brückenkopfprojekte (vor allem am Potsdamer Platz) und systematische, großräumige Planungskonzepte, die die einzelnen Teilräume vom Lehrter Bahnhof bis zum Potsdamer Bahnhof und noch darüber hinaus vernetzen wollten. Die systematischen Konzepte teilen sich noch in solche, die wesentlich auf eine Rationalisierung des Eisenbahnverkehrs setzen, und solche, die eine städtebauliche Komposition neuer Zentralbauten anstreben. Die großräumigen, durch einen ungeheuren Ordnungsanspruch gekennzeichneten Entwürfe sind unter dem Begriff "Nord-Süd-Achse" berühmt geworden.
Bislang sind alle Projekte zur Zentrumserweiterung West letztlich gescheitert. Übrig blieben lediglich Einzelanlagen ohne erkennbaren Bezug zueinander. Doch die heutigen Planer nehmen einen abermaligen Anlauf - trotz aller bekannten strukturellen Fußangeln.
Die Planungsgeschichte des Zentrumserweiterungsgebietes West in spe begann vor der Mitte des 19. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit eröffnete sich mit der Verlagerung der Königlichen Pulverfabrik nach Spandau die Möglichkeit der städtebaulichen Neustrukturierung des peripher gelegenen Spreebogens nordwestlich des Brandenburger Tores.
Im Jahre 1839 präsentierte Peter Joseph Lenné einen ersten Bebauungsplanentwurf zur Gestaltung des Geländes und seines Umfeldes, der im wesentlichen zwischen Charlottenburger Chaussee und Invalidenstraße eine nord-süd-verlaufende Hauptachse - unterbrochen von der Spree - auswies, an deren nördlichem Endpunkt ein Kirchenbau vorgesehen war. Annähernd symmetrisch zu dieser Achse sah der Plan eine Anzahl schräg ausgerichteter Straßenzüge vor. 1840 erarbeitete Lenné einen zweiten Entwurf, der sich vom ersten im Umfeld des Spreebogens vor allem durch einen Brückenschlag über den Fluß im Bereich der Hauptallee und die Südverschiebung des Standortes für den Kirchenbau an das Spreeufer unterschied.
In Kenntnis dieser Entwürfe stellte Karl Friedrich Schinkel im selben Jahr einen Alternativentwurf vor, der Grundzüge der Lennéschen Planungen aufnahm. Auch in Schinkels Entwurf sind die in Nord-Süd-Richtung geführte Hauptachse und das Gegenüber von Kirchenbau und Paradeplatz als Symbole für die zentralen gesellschaftlichen Institutionen des preußischen Staates dominierende Gestaltungselemente. Weiter zeigt sich das allgemeine Bemühen Schinkels, quer zu der barock geprägten städtischen Hauptachse Unter den Linden - Charlottenburger Chaussee neue Achsen auszubilden.
Nach Schinkels Tod 1841 präsentierte Lenné 1843 zwei weitere Planungsvarianten, wobei die letzte vom Oktober 1843 zur Ausführung bestimmt wurde. Nach Intervention verschiedener Ministerien modifizierte Lenné Ort und Gestalt der Einmündung des im Rahmen des Bebauungsplans ebenfalls auszuweisenden Spandauer Schiffahrts-Kanals in die Spree entscheidend. Statt östlich oder westlich des Spreebogens, wie zunächst vorgesehen, wurde die neue Mündung in der Achse der von Norden nach Süden verlaufenden Hauptallee festgelegt. Im Zusammenspiel mit dem ebenfalls nach einer Planung Lennés plazierten Hamburger Bahnhof entstand so eine stadträumliche Barriere nördlich des Spreebogens in Form eines ständig wachsenden Verkehrs- und Umschlagzentrums. Mit dieser Entwicklung war das Vorhaben einer vernetzenden Westerweiterung der historischen Stadt faktisch gescheitert.
Obwohl der Bebauungsplan in seiner letzten Fassung erst 1853 vom preußischen König genehmigt wurde, entwickelte sich im Spreebogen seit 1840 eine rege Bautätigkeit. Anläßlich der 1856 durchgeführten Schinkelkonkurrenz des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Berlin legte August Orth einen Entwurf vor, der noch einmal eine strukturelle Nordeinbindung des Spreebogenareals einzulösen versuchte und einen Kirchenbau mitten in den projektierten Hafen hinein plazierte. Mit der Fertigstellung des Humboldthafens und des Spandauer Schiffahrtskanals 1859 wurden allerdings Fakten geschaffen. Einzig die nach einem Entwurf von Friedrich Stüler 1858-65 gebaute Alsenbrücke knüpfte noch einmal an die gescheiterte Idee einer Nordanbindung an.
Mit der Errichtung des Generalstabsgebäudes 1867-71 samt Ergänzungsbauten (1873-82) auf einem Grundstück an der Nordwestseite des Königsplatzes wurde eine Aufwertungsphase des Spreebogens eingeleitet. Unter Vorgabe einer Fläche an der Ostseite des Platzes erfolgte 1871 nach der Reichsgründung die Ausschreibung eines ersten Wettbewerbs für das Gebäude des Reichstags. Die vorgeschlagene Einbeziehung eines Kunsthistorikers in die Jury wurde mit dem Argument zurückgewiesen, daß Wissen und Können zwei verschiedene Dinge seien und daß das Studium der Vergangenheit den Blick auf die Gegenwart trübe (Verhandlungen des Deutschen Reichstags, 24.11.1871, S. 503). Die Könner blieben so unter sich.
1872 prämiierte die Jury in einem vielbeachteten Verfahren den Entwurf von Professor Bohnstedt mit einem ersten Preis. Bald darauf entbrannte jedoch eine jahrelange Auseinandersetzung über Lage und Größe des Bauplatzes für den Reichstag, die die Realisierung des Preisträgerentwurfes blockierte. Standorte am Kupfergraben auf dem Gelände der damaligen Artilleriekaserne, wo sich nach zeitgenössischer Auffassung zusätzlich ein schöner Park hätte anlegen lassen, an der heutigen Stresemannstraße und auf anderen Grundstücken des Königsplatzes wurden ins Spiel gebracht. Der Standort auf dem Grundstück der Krolloper, der dem Reichstag die Möglichkeit gegeben hätte, der Stadt seine Schauseite zuzuwenden, wurde von einer Abgeordneten-Lobby heftigst bekämpft, da der lange Fußweg durch den märkischen Sand über die Stadtgrenzen hinaus nicht zuzumuten wäre. Stadtbaurat Hermann Blankenstein schlug nach einer sorgfältigen städtebaulichen Abwägung eine Fläche im Norden des Alsenplatzes vor; dieser Vorschlag wurde aber ebenfalls zurückgewiesen.
Der Auftakt zu einer der neuen Reichshauptstadt angemessenen, einvernehmlichen Verortung des Staates in der Stadt war so gründlich verpatzt. Damit war eine Tradition des Widerspruchs zwischen staatlichen Eigeninteressen und den städtischen, planerisch motivierten Interessen begründet. Nachdem die strittige Frage des Bauplatzes für das Reichstagsgebäude zugunsten des Standortes an der Ostseite des Königsplatzes entschieden worden war, erfolgte 1882 die Ausschreibung eines zweiten Wettbewerbes. Einen ersten Preis in diesem Verfahren erhielt Paul Wallot zugesprochen, einen weiteren der Architekt Friedrich von Thiersch. Der Entwurf von Wallot wurde von der Jury fast einstimmig zur Ausführung bestimmt. 1882-91 erstellte Wallot mehrere Varianten, die besonders hinsichtlich der Fassaden, der Form und Dimension der Kuppel sowie des Grundrisses des Hauptgeschosses divergierten. Der Wettbewerbsentwurf war noch ganz nach Osten, der Stadt zugewandt, ein Reflex auf die lange von Lobbyisten gelenkte Diskussion im Vorfeld des Wettbewerbes. An der Ostseite hatte Wallot das Hauptportal ausgebildet, hier lag der große Sitzungssaal, und hier war auch die Kuppel plaziert. Erst nach mehreren Überarbeitungsstufen wandte sich das Gebäude zögerlich nach Westen zum Königsplatz hin: Das dortige Portal erhielt die kolossale Auffahrt, die eine Westorientierung des Grundrisses blockierende aufwendige Treppenanlage im Inneren des Gebäudes wurde entfernt, Kuppel und großer Sitzungssaal rückten in den Mittelpunkt der Anlage. Die sich stadträumlich anbietende Ausrichtung auf den Königsplatz war endlich akzeptiert worden. Einen Bezug zum Fluß hatte der Monumentalbau damit aber nicht gefunden. 1884 wurde mit dem Bau des Reichstagsgebäudes begonnen, 1894 erfolgte die feierliche Schlußsteinlegung durch Kaiser Wilhelm II.
Bereits Mitte der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts wurde die damals schon Siegesallee bezeichnete Straße bis zum Kemperplatz verlängert. Der Gedanke einer zentralen Nord-Süd-Achse gewann damit immer mehr an Bedeutung. 1898-1901 erfolgte die "Aufwertung" des Straßenzuges durch die Aufstellung von 32 im Volksmund spöttisch "Puppen" genannten Denkmalgruppen, die Szenen aus der Geschichte von vier Geschlechtern darstellen sollten: den Askaniern, den Wittelsbachern, den Luxemburgern und den Hohenzollern.
Im Jahre 1908 wurde der städtebauliche Wettbewerb "Groß-Berlin" zur Neuorganisation der gesamten, vor allem aber der inneren Stadt ausgeschrieben. Damit rückte das Thema der Westerweiterung des Zentrums ins Blickfeld der sich neu formierenden Disziplin "Städtebau". Die 1910 prämiierten Entwürfe sahen in ihrer Mehrzahl eine Neufassung des Königsplatzes vor, wobei die Bebauung in Reichstagsnähe entweder verschämt durch Kolonnaden oder ähnliches verstellt wurde oder eine Neubebauung der Grundstücke vorgesehen war. Im Südbereich konzentrierten sich die Planungen auf eine Vermehrung der ost-west-gerichteten Hauptstraßenzüge. Zu diesem Zweck sollten die Bahnanlagen zumindest des Potsdamer Personenbahnhofs beseitigt, die als Barriere empfundenen Ministergärten überwunden und neue Straßenzüge durchgebrochen werden. Die dabei angestrebte Rationalisierung des Schienenfernverkehrs spitzte einen für die Struktur des Zentrums entscheidenden Konflikt zu, der bis heute andauert: die Orientierung entweder auf ein zentralistisches oder ein dezentrales System der Kopfbahnhöfe im Umkreis des Zentrums. Die Vorschläge der Preisträger des Wettbewerbs "Groß-Berlin" zielten mehrheitlich auf eine Zusammenlegung der Bahnhöfe.
Zur Frage der Neuordnung im südlichen Bereich waren vor allem die städtebaulich-imperialen Vorschläge von Rudolf Eberstadt/Bruno Möhring/Richard Petersen von Interesse. Die Verfasser eines "Programms für die Planung der neuzeitlichen Großstadt" (1910) planten eine Verlängerung der Französischen Straße über die Wilhelmstraße hinaus, also einen Durchbruch durch das Regierungsviertel, dem nicht nur das Justizministerium zum Opfer gefallen wäre. Der Zusammenstoß der verlängerten Französischen Straße mit der Königgrätzer Straße - so die Verfasser - "bietet vortreffliche Gelegenheit zur Schaffung eines eindrucksvollen monumentalen Platzes. Einmal, um dem sich hier kreuzenden Verkehr die nötige Ausweichmöglichkeit zu geben, dann aber auch, um schöne und würdige Bauplätze für die von ihrer seitherigen Stelle verdrängten Behörden, das Reichsamt des Innern und das Justizministerium zu schaffen." (S. 55) Gekrönt wurde der Monumentalplatz durch ein gewaltiges "Neues Opernhaus". Ein weiterer Vorschlag betraf den Königsplatz. Hier schlugen die Verfasser einen Neubau des Kriegsministeriums auf dem Grundstück des alten Krollschen Theaters vor - "in würdiger und passender Nachbarschaft des Generalstabsgebäudes, dem Reichstage gegenüber" (Eberstadt u. a. 1910, S. 60). Im Norden sollte der Platz durch ein weiteres "Monumentalgebäude" für das Reichsamt der Marine geschlossen werden. Östlich des Reichsmarineamtes vervollständigte das Reichskolonialamt die neugestalteten Platzfronten. Damit sollte "um die Siegessäule herum ein Forum des Reiches" entstehen, "ein gewaltiges Baudenkmal für die Wehrhaftigkeit des Reiches, die von den militärischen Gebäuden, und seine politische Macht, die von Wallots Reichstagshaus verkörpert wird. Dieser Platz würde erst den richtigen Abschluß und die Krönung der Siegesallee bilden: ist diese als eine bildliche Darstellung der brandenburgisch-preußischen Geschichte zu betrachten, so spiegelt sich in ihm ihre Fortsetzung und vorläufiges Endziel, die Gründung des Deutschen Reiches und sein Anwachsen zur Weltmacht." (Ebd.)
Entscheidenden Einfluß auf künftige Planungen sollte der seit 1908 erarbeitete und 1917/18 vorgestellte Bebauungsplanentwurf von Martin Mächler erhalten. Mächler wollte den Straßenzug Alsenstraße - Siegesallee durch einen Süddurchbruch aufwerten und im Nordbereich unter Verlegung des Spandauer Schiffahrts-Kanals über die Spree bis an einen an der Invalidenstraße plazierten Nordbahnhof, den "Friedrich-List-Bahnhof", heranführen. Zugleich plädierte er für die Konzentration der staatlich-ministeriellen Bürokratie an Kemperplatz, Königsplatz und im Spreebogen. In seiner Entwurfsbeschreibung rechtfertigte er diesen Ansatz mit folgenden Worten: "Im Laufe der Entwicklung Berlins sind die öffentlichen Gebäude, vor allem diejenigen, die zur Verwaltung und Repräsentation des Staates bestimmt sind, planlos verteilt worden. Die Ursache lag darin, daß teilweise historische und politische Erwägungen, größtenteils aber finanzspekulative Gründe für die Unterbringung und Errichtung dieser Gebäude maßgebend waren. Fast nie war der Gedanke ausschlaggebend, daß die Geschäftsstelle des Staates in allen ihren Teilen zentral und einheitlich gruppiert sein muß. So ist es beispielsweise gekommen, daß das Reichsmarineamt am Landwehrkanal liegt, weit ab von allen anderen Behörden, während die Reichsbank mitten im Konfektionsviertel gelegen ist. Das Wehrministerium, Postministerium, Ministerium für öffentliche Arbeiten und das Herrenhaus befinden sich in der Leipziger Straße und hindern die Entwicklung der besten Geschäftsgegend der Stadt. Das Reichswirtschaftsamt ist in der Luisenstraße untergebracht, das Reichsgesundheitsamt in der Klopstockstraße. Viele Behörden liegen inmitten reiner Wohnviertel." (Mächler 1920 in Balg 1986, S. 47)
Ziel der Zentrumserweiterung in Richtung Westen war während der späten Kaiserzeit also vor allem die Rationalisierung des innerstädtischen Eisenbahnverkehrs und die Zentralisierung der Regierungsfunktionen.
Mit der militärischen Niederlage, dem Ende der Monarchie und dem damit verbundenen Bedeutungsverlust des alten, höfisch geprägten politischen Zentrums um das Berliner Stadtschloß gewann das Viertel um den Reichstag an stadtstrukturellem Gewicht. Der Spreebogen wurde zum begehrten Objekt der Zentrumsplanung. Doch auch hier blieben die Jahre der Weimarer Republik eine Zeit der Planungseuphorie ohne bauliche Konsequenzen.
Strukturell bedeutsam waren die Planungen zur Verbesserung der verkehrlichen Organisation und zur Vernetzung des überkommenen Stadtgrundrisses, dessen Entwicklungsmöglichkeiten als begrenzt eingeschätzt wurden. Beispiele hierfür sind die Umgestaltungsvorschläge von Roman Heiligenthal für den Bereich des Potsdamer Platzes von 1924-26 und die Durchbruchsvarianten von Ernst Giese, die 1925 vorgestellt wurden. Teilweise griff Giese ältere Ideen auf, so beim Durchbruch der Französischen Straße durch die Ministergärten. Weitere - nicht realisierte - Durchbruchsvarianten wurden in der Folgezeit von prominenten Büros, etwa von Behrens, Poelzig, Tessenow und Scharoun erarbeitet (vgl. Große Berliner Kunstausstellung 1927, S. 105).
Zu einem planerischen Schwerpunkt entwickelte sich das Alsenviertel im Spreebogen. Unmittelbarer Anlaß war die Auslobung eines Wettbewerbs für einen Reichstagserweiterungsbau im Jahre 1927, da im Reichstagsgebäude das Fehlen ausreichender Arbeitsräume für die Abgeordneten seit der Entstehungszeit ein Dauerproblem darstellte. Der erste Wettbewerb scheiterte an den eng gefaßten Vorgaben der Ausschreibung. Die Teilnehmer waren aufgefordert worden, auf dem Areal der beiden Blöcke zwischen Reichstag, Spree und Roonstraße (heute nicht mehr vorhanden) einen mit zwei Brückenbauwerken anzuschließenden Erweiterungsbau zu entwerfen, der hinsichtlich seiner Baumasse und Fassaden einen Bezug zum Reichstagsaltbau erkennen lassen sollte. Bei dem schwierigen Zuschnitt des spitzwinkligen Grundstücks war das eine nur schwer zu lösende Aufgabe. Ein wichtiges Ergebnis dieses Wettbewerbes war denn auch die Erkenntnis, daß die architektonische Aufgabe nur in einem neuen städtebaulichen Rahmen zu lösen sei.
Noch im Jahre 1927 wurden auf der Großen Berliner Kunstausstellung innerhalb der "Sonderausstellung Architektur", die von der Architektenvereinigung "Der Ring" organisiert worden war, Durchbruchsvarianten für die Ministergärten und Bebauungsstudien für ein Republikanisches Forum zwischen Reichstag und Schloß Bellevue gezeigt. Als Ruf nach einer Gesamtplanung der Westerweiterung des Zentrums ist die Tatsache zu werten, daß neben diesen thematisch durchaus aufeinander bezogenen Bemühungen der Plan Mächlers für diesen Bereich sowie die Pläne Haussmanns zur radikalen Neuorganisation des Pariser Stadtgrundrisses im Ausstellungskatalog als "kühn und groß" (Große Berliner Kunstausstellung 1927, S. 106) gelobt wurden. Auch der historische Plan Schinkels zur Neugestaltung des Areals von 1840 wurde gezeigt. Daneben präsentierte Hilberseimer seinen Entwurf für einen am Humboldthafen plazierten Kreuzungsbahnhof "Friedrich List" und eine Bebauungsstudie für das gesamte Quartier nördlich der Spree.
Vor diesem Hintergrund wurde 1929 der zweite, engere Wettbewerb für die Erweiterung des Reichstages und die Gestaltung des Platzes der Republik ausgeschrieben. Der prämiierte Entwurf von Emil Fahrenkamp sah eine Bebauung des Alsenplatzes und, wie auch die meisten Entwürfe der übrigen Teilnehmer, eine Niederlegung der Bebauung im gesamten Spreebogenareal vor. Der mit dem zweiten Preis ausgezeichnete Entwurf von Holzbauer und Stamm entwickelte die Vorstellung einer großzügigen Ost-West-Achse, die nach dem Abriß der Krolloper und der Siegessäule vom Reichstag bis zum Schloß Bellevue reichen sollte.
Im selben Jahr legte Hugo Häring schließlich den vielleicht weitestgehenden Vorschlag zur Schaffung eines Republikanischen Forums in einer nochmaligen Überarbeitung vor: Im Zentrum des Forums stand eine riesige Tribüne am Platz der Republik, die im Norden und Westen von einer ganzen Phalanx von Hochhausscheiben begleitet wurde. Der alte wilhelminische Reichstag wäre so in den Schatten eines republikanischen Hochhaus- und Tribünenensembles geraten. Hugo Häring bezog sich in seinem Kommentar zu diesem Entwurf ausdrücklich auf Martin Mächler. Er beschwor als Bauherrn einer neuen Gesellschaft das "souveräne Volk" und betonte die Notwendigkeit, eine solche Bauanlage "auf den Boden einer höheren Idealität zu erheben" (1929, S. 72). Bisher nämlich, so Häring, habe der Aufbau einer neuen Gesellschaft keinen städtebaulichen Niederschlag gefunden: "Wie äußert sich dieser neue Staatswillen städtebaulich? Bis jetzt äußert er sich überhaupt noch nicht." (Ebd.)
Ein weiterer Schwerpunkt der Entwurfstätigkeit waren die zahlreichen Hochhaus- und Turmhaus- Entwürfe, die für das zentrumsnahe Gebiet zwischen Spree und Landwehrkanal vorgelegt wurden. Zwar hatten bereits im Rahmen des Wettbewerbes "Groß-Berlin" einige Architekten kleinere Hochhäuser vorgeschlagen, einen planerischen Hochhausboom erlebte Berlin aber erst in den zwanziger Jahren. Vor allem die städtebaulich motivierte Idee eines Hochhauses jenseits des Potsdamer Platzes in der Achse der Leipziger Straße - schon 1910 von Havestadt & Contag für den Potsdamer Platz selbst in die Diskussion gebracht - wurde in verschiedensten Varianten präsentiert.
Protagonisten der Hochhauseuphorie in der Weimarer Republik waren in erster Linie Otto Kohtz und Bruno Möhring. Bruno Möhring, ein ausgesprochener Gegner der "flachen Stadt", untersuchte zunächst im Auftrag der Akademie des Bauwesens die Möglichkeit des Baus von Hochhäusern im Zentrum. Er sprach sich unter anderem für Hochhäuser am Askanischen Platz (1920) und am Lehrter Bahnhof (1920) aus. Otto Kohtz, Mitinitiator des 1920 gegründeten "Bundes der Hochhausfreunde", entwarf ebenfalls zahlreiche Großbauten, die die kaiserzeitliche Traufhöhe überwinden sollten, so etwa ein Reichshaus am Königsplatz (1920), ein Hochhaus am Blücherplatz (1921) und ein Hochhaus westlich des Potsdamer Platzes (1921). Der von der Figur des Hochhauses faszinierte Architekt überarbeitete seinen Reichshaus-Vorschlag mehrfach und stellte 1929 einen städtebaulichen Entwurf vor, der im Spreebogen einen Hochhausbau als "Point de vue" einer etwa zwei Kilometer langen Nord-Süd-Achse vorsah, die der strukturellen Einbindung des Regierungsviertels dienlich sein sollte. Auf dem Alsenplatz selbst plante er ein Ehrenmal für die Toten des Ersten Weltkriegs. Kernstück blieb jedoch das "Hochhaus für die Reichsbehörden".
Von den zahlreichen Hochhausplanungen der Weimarer Republik wurden nur das nach Ansicht Martin Wagners falsch plazierte "Europahaus" am Askanischen Platz (1930, S. 17) und das "Columbus-Haus" Erich Mendelsohns am Potsdamer Platz realisiert.
Im Jahre 1930 stellte das Amt für Stadtplanung unter der Federführung Martin Wagners grundlegende Überlegungen zur Neustrukturierung des Eisenbahnverkehrs im Zentrumsbereich vor. Mit überraschender Nüchternheit betrachtete Wagner dieses Problem, das jedem Architekten Anlaß zu weitreichenden Gestaltungsphantasien geben mußte, primär als verkehrliche und erst sekundär als städtebauliche Aufgabe. Vorgeschlagen wurde eine Konzentration des Eisenbahnbetriebs auf zwei Personenbahnhöfe, die als zweigeschossige Verkehrsbauten auf den erweiterten Standorten des damaligen Anhalter Bahnhofs und des Lehrter Bahnhofs errichtet und durch einen im Zuge der Königgrätzer Straße (heutige Stresemannstraße), Bellevuestraße und mit Verschwenkung nach Nordosten im Bereich des Kleinen Sterns zu erstellenden Fernbahntunnel verbunden werden sollten. Mit dieser auf den ersten Blick unverständlich aufwendigen Trassenführung sollte zwei potentiellen Einwänden begegnet werden. Zum einen ermöglichte die Verschwenkung die Höhendifferenz innerhalb der zweigeschossigen Anlage des Lehrter Bahnhofs zu minimieren, wenngleich für dieses Ziel am Südbahnhof immerhin Teile des Landwehrkanals hätten aufgegeben werden müssen. Zum anderen glaubte Wagner, auf diese Weise auch Bedenken hinsichtlich möglicher Vegetationsschäden im Bereich des Tiergartens zerstreuen zu können.
Über den Wert des durch die Zurückverlegung oder teilweise Aufgabe der Bahnhöfe zu gewinnenden Baulandes machte sich Wagner keine Illusionen. Er sah in den neugeschaffenen Flächen stadträumliche Entwicklungspotentiale, die aber wahrscheinlich erst langfristig mit Gewinn hätten bebaut werden können. So beklagte er für das Berliner Zentrum eher einen "Mangel an Bauherren als einen Mangel an Bauland". Gleichzeitig fürchtete Wagner, daß bei einer weiten Zurückverlegung der Bahnhöfe aus dem Zentrumsbereich die komplexe Balance des "Citybaukörpers" erschüttert und die in Angriff genommene "rationelle Erneuerung" des alten Zentrumsbereichs irreparabel gestört werden könnte. "Die Geschäftsreisenden, die in Berlin Aufenthalt nehmen, wollen in nächster Nähe der City wohnen und arbeiten und wollen keine weiten Wege von dem Hotel bis zum Bahnhof zurücklegen. Die Zurückverlegung des Anhalter Bahnhofs würde einen operativen Eingriff in den gesamtem Wirtschaftskörper der City bedeuten, der mit Krampf und Verlust an Lebenskraft für die City verbunden wäre." (Wagner 1930, S. 8) Und weiter: "Die City leidet fernerhin an einem Mangel an baulicher Erneuerung [...]. Soll man diese Stagnation in der baulichen Erneuerung der City noch dadurch zusätzlich vergrößern, daß man Hunderttausende von Quadratmetern freiwerdenden Bahngeländes der Bebauung zuführt und die City damit künstlich vergrößert? Die Berliner City verfügt noch über 250.000 qm völlig desolaten Baubodens, der dringendst einer neuen Bebauung zugeführt werden sollte, wenn die City unter diesen 'Scheunenvierteln' nicht leiden soll." (Ebd.)
Obwohl Wagner den Begriff des Zentralbahnhofs mit Zurückhaltung verwendete, traf für ihn diese Bezeichnung am ehesten noch auf den Lehrter Bahnhof zu, der sich durch seine Nähe zum neu zu erbauenden "Regierungsforum" und größere Entwicklungspotentiale auszeichnen würde. "Daß an dieser Stelle, wo das Reichsparlament steht und wo ein zukünftiges Regierungsforum erbaut werden kann (und erbaut werden müßte), auch ideologisch gesehen der richtige Platz für den 'Zentralbahnhof' der Reichshauptstadt ist, braucht nicht besonders erwähnt zu werden". (Wagner 1930, S. 11) Die Anlage eines Zentralbahnhofs konnte und sollte aber nicht isoliert betrachtet werden. "Der Bau des Zentralbahnhofs am Lehrter Bahnhof rollt nicht nur die architektonische Gestaltung dieses Bahnhofs, sondern auch die ganze Gestaltung des Humboldthafens, der großen monumentalen Achse Alsenstraße - Siegessäule und des zukünftigen Regierungsforums am Platz der Republik auf." (Wagner 1930, S. 16)
Baulich tat sich jedoch im Viertel um den Reichstag wenig. Mit dem Abriß der alten Alsenbrücke und dem Neubau der "Hugo-Preuß-Brücke" 1925-28, die nur noch die Ufer des Spandauer Schiffahrts-Kanals nördlich des Alsenviertels überspannte, schien die Option auf eine Nordanbindung des Alsenviertels endgültig aufgegeben zu sein. Die breite Allee der Alsenstraße wirkte unter diesen Bedingungen in Dimensionierung und Gestus wie das Zeugnis einer überlebten Planungsvorstellung.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begann ein neuer Anlauf zur Westerweiterung des Zentrums. Die Leitbilder wandelten sich von der Weltstadt Berlin zur "Welthauptstadt Germania". Doch waren die Planungen anfangs noch unsicher und standen stark unter dem Einfluß der Diskussion der Weimarer Republik, besonders der Überlegungen Martin Mächlers.
Zunächst wurde, noch ganz in der Logik der "Systemzeit", der von der Reichsbahn und der Stadtverwaltung seit langem konzipierte und von Martin Wagner konkretisierte Nord-Süd-S-Bahn- Tunnel gegen den hartnäckigen Widerstand der auf Parallelverkehr verweisenden Berliner Verkehrs-A.G. (BVG) in Angriff genommen und in mehreren Bauabschnitten bis 1939 realisiert. Eine von der städtischen Verwaltung bereits 1933 vorgelegte Nord-Süd-Achsenplanung wurde von Hitler für unzulänglich erklärt. Im Laufe der folgenden Jahre verlor die städtische Verwaltung zunehmend an Einfluß auf die städtebauliche Planung und Realisierung, bis sie ab 1937 völlig im Schatten der Generalbauinspektion Albert Speers stand, die alle größeren Planungs- und Bauvorhaben an sich zog. Albert Speer wurde 1936 von Adolf Hitler mit der Entwicklung eines Neugestaltungskonzeptes beauftragt, seine Ernennung zum "Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Berlin" folgte im Januar 1937. Nach und nach steigerten sich die Speerschen Planungen zu immer weiter ausgreifenden Gestaltungs- und Ordnungsideen. Ging es anfänglich noch um eine tiefgreifende Zentrumserweiterung, wurde bald der Bau eines gänzlich neuen, nord- süd-orientierten Zentrums westlich der alten City projektiert.
Kernstück der Achsenplanung war der Abschnitt der Nord-Süd-Achse zwischen der "Großen Halle" und dem als räumlicher Abschluß der Monumentalstraße nach Süden gedachten, von Albert Speer entworfenen Gebäude des Südbahnhofs, das aufgrund seiner stadträumlichen Lage zum Berliner Zentralbahnhof avanciert wäre. Als Abschluß des Bahnhofsvorplatzes nach Norden hin wurde ein 117 Meter hoher und 170 Meter breiter sogenannter Triumphbogen geplant, durch den die Niederlage im Ersten Weltkrieg posthum in einen Sieg uminterpretiert werden sollte. Nach Norden bildete eine 290 Meter hohe und auf einem quadratischen Kubus von 315 Meter Seitenlänge ruhende Kuppelhalle den räumlichen Abschluß der Achse und als weithin sichtbare Dominante zugleich den Höhepunkt der städtebaulichen Neuordnung.
Bei der Standortwahl der Kuppelhalle lehnte sich Speer an die Entwürfe zum Reichshaus von Otto Kohtz an, der ebenfalls - im Gegensatz zu Mächler - auf eine unmittelbare Weiterführung der Achse nach Norden verzichtet hatte. In der Speerschen Planung sollte diese Achse östlich des Reichstages und der Kuppelhalle mit einer anschließenden Verschwenkung in Richtung Nordwest fortgeführt werden. Bei einer solchen Lösung wäre der Nordabschnitt der Achse trotz aufwendiger Gestaltung mittels einer kilometerlangen Wasserfläche, die von monumentalen öffentlichen Gebäuden und dem Nordbahnhofsgebäude gesäumt werden sollte, ein Appendix der "Großen Halle" geworden. Im Gegensatz zur Ost-West-Achse, deren präzise Ausrichtung auf die Himmelsrichtungen bereits zur Barockzeit verbaut worden war, wurde die Nord-Süd-Achse genau nach den Polen orientiert. Dies und die Weltkugel auf der "Großen Halle" sollten ihr einen überörtlichen Charakter mit Weltanspruch verleihen, während die alte Lindenachse hierarchisch herabgestuft wurde.
Zwischen Reichstag und "Großer Halle" war ein Reichstagserweiterungsbau mit einem Plenarsaal für 1.200 Abgeordnete geplant, der mit dem Altbau über zwei Brückenbauwerke verbunden werden sollte. Der beabsichtigte Abriß des Reichstagsaltbaus wurde durch eine Intervention Hitlers verhindert. Die schließlich beschlossene Planung sah den Baukörper als Hülle zur Aufnahme von Abgeordnetenbüros und eines Lesesaals für die Reichstagsbibliothek vor. Der geplante Bauplatz für die "Große Halle" bedingte eine Verlegung der Spree, deren neues Bett zwischen Reichstag und "Großer Halle" in Ost-West-Richtung verlaufen sollte. Die Hartnäckigkeit, mit der an der Realisierung der Neugestaltungsplanungen festgehalten wurde, zeigt sich auch daran, daß zur Weiterführung der Erdarbeiten am neuen Spreebett noch bis November 1940 die Bebauung zwischen Roonstraße, Reichstagsufer und Reichstagsplatz vollständig abgerissen wurde.
In einem Artikel im "Berliner Lokal-Anzeiger" vom 28. Januar 1938 rechtfertigte Albert Speer die Neugestaltungsplanungen: "Weit verstreut liegt heute eine große Anzahl monumentaler Bauten, die erst in den letztvergangenen Jahren entstanden sind. [...] Es ist erklärlich, daß jeder nur dort baute, wo es ihm richtig zu sein schien, d. h. in den meisten Fällen dort, wo sich bereits die Arbeitszelle bzw. das bisherige, veraltete Gebäude des jeweiligen Betriebes befand. So entstanden z. B. der Neubau des umfangreichen Reichsbankkomplexes unmittelbar beim Altbau in abgelegener Gegend Berlins, das Luftfahrtministerium an der Leipziger Straße beim Sitz des Reichsluftfahrtministeriums und Preußischen Ministerpräsidenten, die Deutschlandhalle im Westen der Stadt beim Messegelände, das Hauptverwaltungsgebäude für den Reichsarbeitsdienst im Grunewald, das Stabsgebäude der DAF [Deutsche Arbeitsfront] an der Potsdamer Straße, die Verwaltungsgebäude großer Versicherungen am Fehrbelliner Platz usw." Mit der Neugestaltung der Stadt biete sich nun die Chance, in diese quasi anarchische Struktur ordnend einzugreifen: "Es gilt jetzt also für alle diese Großbauten repräsentative und großräumige Bauplätze zu finden, und es liegt nahe, für diese Bauten, denen viele andere folgen werden, nach Möglichkeit etwas räumlich Zusammenfassendes zu planen, d. h. einen Straßenzug bereitzustellen, der die notwendige Aufnahmefähigkeit besitzt." Ein Umbau des alten Zentrumsbereichs scheide schon aus Verkehrsgründen aus. Außerdem seien die bisherigen Planungen zur Zentrumserweiterung unzureichend, auch wenn sie gelegentlich ebenfalls den Gedanken einer Nord-Süd-Straße aufgegriffen hätten: "Keiner dieser Vorschläge aber war in jeder Weise so grundsätzlich durchgreifend und großzügig, daß von einer umfassenden Neuordnung gesprochen werden konnte."
Die Schnittstelle zwischen der Nord-Süd-Achse und der Potsdamer Straße wurde durch die strenge Geometrie des "Runden Platzes" vermittelt. Dieser Platz war der einzige, bewußt gestaltete Verknüpfungsbereich zwischen altem und neuem Zentrum. Mit dem "Kameradschaftshaus der deutschen Künstler", den Gebäuden des "Thüringenhauses", dem Bau eines Großkinos, dem "Haus des Fremdenverkehrs" sowie der aufwendigen, skulpturalen Platzgestaltung von Arno Breker avancierte dieser Platzraum zu einer Art Forum für nationalsozialistische Kunst und Kultur.
In Sichtachse der Leipziger Straße sollte - gegenüber der Traufhöhe der übrigen Bauten leicht erhöht - nordwestlich des "Runden Platzes" als Gegenpol zum lärmenden und städtischen Potsdamer Platz der Weimarer Republik die "Soldatenhalle" nach Entwürfen von Wilhelm Kreis entstehen. Mit ihrem quasi-sakralen Duktus hätte sie den Gebäudekomplex des Oberkommandos des Heeres und eines zum Runden Platz orientierten Wehrmachtskasinos dominiert. Alle Gebäude zeigten gestalterisch angeglichene Fassaden, ein abgesetztes Sockelgeschoß mit Arkaden, ein hohes, im Fassadenaufbau akzentuiertes Hauptgeschoß, zwei Mezzanin- oder Attikageschosse sowie eine Attika mit weit ausladendem Gesims.
Am Beispiel des Fremdenverkehrshauses erläuterte Speer seine These von der verkehrlichen Unzulänglichkeit des historischen Zentrums, dessen Großbauten gleichwohl erhalten bleiben sollten: "Das Fremdenverkehrshaus sollte zuerst Unter den Linden entstehen. Im Programm dieses Neubaues ist ein Kongreßsaal für 1.600 Personen vorgesehen. Da aber für den heutigen Verkehr weder die notwendige Parkfläche zur Verfügung gestellt werden konnte noch bei einer Veranstaltung die reibungslose Anfahrt der Automobile zu sichern war, mußte dieser Bauplatz aufgegeben werden. [...] In diesem Zusammenhang sei auch betont, daß Gerüchte, die von einem Abriß verschiedener Bauten der Innenstadt (wie Reichstag, Hotel Adlon, Kolumbushaus, Wertheim-Bau) wissen wollen, nicht zutreffen." (Speer im "Berliner Lokal-Anzeiger" vom 28.1.1938)
Der Ausbau des alten zentralen Ost-West-Zuges über die Straße Unter den Linden, Charlottenburger Chaussee und Heerstraße, zu dessen einheitlicher Gestaltung Albert Speer persönlich antikisierende Kandelaber entworfen hatte, war Ende 1939 weitgehend abgeschlossen. Der eigentliche Mittelpunkt der neuen Zentrumskonzeption, die Kreuzung von Nord-Süd- und Ost- West-Achse, wurde im übrigen sehr zurückhaltend behandelt. Zur Regelung des Verkehrs wie der Aufmärsche war eine Kreuzung mit mehreren Ebenen geplant, wobei die Ost-West-Achse im räumlichen wie symbolischen Sinne untergeordnet wurde: "Etwas weiter südlich, an der Charlottenburger Chaussee, wird durch das Zusammentreffen der beiden Straßenachsen der Brennpunkt des Berliner Verkehrs sich bilden. Hier müssen unterirdische Straßenkreuzungen für eine reibungslose Verkehrsabwicklung sorgen, durch die aber gleichzeitig bei einem Aufmarsch der Ost-West-Verkehr unter der von Süden kommenden Aufmarschstraße weitergeleitet werden kann." (Speer im "Berliner Lokal-Anzeiger" vom 28.1.1938)
Von den Planungen zur Nord-Süd-Achse gelangten in den Jahren 1938-40 nur einige Umbauten zur Fertigstellung, das Haus des Fremdenverkehrs war in Teilen bereits nutzbar. Die Maßnahmen zur Realisierung der sonstigen Neugestaltungsplanungen waren jedoch bereits in großem Maßstabe angelaufen. Im Bereich der Matthäikirche und im östlichen Teil des Spreebogens wurden großflächige Abrisse vorgenommen, umfangreiche Gründungsarbeiten für die "Große Halle" hatten bereits begonnen, die Arbeiten für den Spreedurchstich waren weit fortgeschritten, die Tunnelanlagen zur Einfädelung der Kraftfahrzeuge in die Ost-West-Achse teilweise fertiggestellt, und die Tunnelanlagen des Schienennahverkehrs zur Unterfahrung der Spree waren bereits so weit gediehen, daß sie sich bei den Bodenkämpfen als Panzergräben gegen die von Norden vordringende Rote Armee zweckentfremden ließen.
Das Teilstück der Ost-West-Achse zwischen S-Bahnhof Tiergarten und Siegessäule wurde in den letzten Apriltagen 1945 als Landepiste der wenigen Versorgungsflugzeuge genutzt. Zu deren Sicherheit wurden die hier befindlichen Speerschen Kandelaber niedergelegt. Die Militarisierung des öffentlichen Raumes hatte so ihren letzten Ausdruck gefunden.
Mit ausgeprägtem Hang zu Symbolik und Theatralik plazierte unmittelbar nach Kriegsende die Rote Armee ihr erstes, weitgehend mit Materialien der "Neuen Reichskanzlei" erbautes Siegesmal an den Abschluß der ehemaligen Siegesallee, auf die Trasse der Speerschen Nord-Süd-Achse, und ließ dadurch jeden neuen Ansatz einer Nord-Süd-Verbindung zu einer stadträumlich brisanten Unternehmung werden. 1947 wurde die Trasse der alten Siegesallee schließlich durch einen Verwaltungsakt der Siegermächte aufgehoben.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erschien die Vernichtung der im 19. Jahrhundert entstandenen Baustruktur auch als Chance, neue weitgreifende Ordnungsvorstellungen zu realisieren. So wurde etwa die überkommene, wenn auch zum Teil ruinöse Bebauung, die den Bombenkrieg und die Speerschen Neugestaltungsmaßnahmen überdauert hatte, durch das Planungskollektiv um Hans Scharoun weitgehend ignoriert. Im "Zehlendorfer Plan" wurde dem Viertel nördlich des noch so bezeichneten "Runden Platzes" eine Wiederaufbaumöglichkeit abgesprochen, der Erhalt des Hauses des Fremdenverkehrs aber erwogen. Auf Grundlage des Zehlendorfer Plans wurden im Jahre 1947 die sogenannten Pläne A und B, Varianten des "neuen Plans von Berlin" von Karl Bonatz, entwickelt. Hier tauchte zum ersten Male der Gedanke einer Nord-Süd-Hauptverkehrsstraße zur Erschließung des Potsdamer Platzes auf. In diesem Zusammenhang wurde auch eine Verlegung der Potsdamer Straße diskutiert. Das Konzept der Nord-Süd-Straße ging schließlich 1950 in den ersten West-Berliner Flächennutzungsplan ein. Dort wurde die jahrzehntealte Idee einer Nord-Süd-Eisenbahnverbindung zugunsten einer Schnellstraße über den Potsdamer Platz und die Friedrich-Ebert-Straße aufgegeben.
Mit der Spaltung der Stadt hatte sich die Lage des potentiellen Zentrumserweiterungsgebietes West allerdings bereits radikal verändert. Aus Ost-Berliner Sicht lag es jenseits der Stadtgrenze, aus West-Berliner Sicht am Rande der Stadt - ein Areal im Dornröschenschlaf bis zur Wiedervereinigung. Hinzu kam ein weiterer Aspekt: Der Potsdamer Platz hatte mit der spurlosen Beseitigung des ersten Berliner Bahnhofs eine seiner wichtigsten Funktionen verloren - die des Bahnhofsvorplatzes. Um Ziegelsplitt für den Straßenbau zu gewinnen, verschwand Ende der fünfziger Jahre auch der ehemalige Lehrter Fernbahnhof. Seine Zerstörung ließ zunächst auch jede Hoffnung auf eine Zentrumsbildung nördlich der Spree erlöschen. Auf seinem Gelände siedelte sich ein Baustofflager an.
Auch die Maßnahmen zur Neugestaltung des Spreebogens begannen zunächst mit der für die fünfziger Jahre typischen Entsorgung von Altbausubstanz durch die Abrißbirne. Bis 1958 wurde die schon in den zwanziger Jahren zur Disposition gestellte und in den dreißiger Jahren erheblich dezimierte Bebauung des Alsenviertels mit Ausnahme des noch heute vorhandenen Gebäudes der Schweizer Gesandtschaft abgerissen, die von Lenné geplante städtebauliche Grundfigur des Areals durch neue Straßentrassen bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Auch der Weiterbestand des Reichstagsgebäudes war in den fünfziger Jahren ungewiß. Das Bauwerk wurde schließlich nach einer in die Bausubstanz eingreifenden Umgestaltungsplanung von Paul Baumgarten verändert wiederaufgebaut. Die "purifizierten" Fassaden gewannen nach Entfernung eines Großteils des Dekors und Skulpturenschmucks entgegen der gestalterischen Absicht einen stärker monumentalen Charakter. Die kriegszerstörte Kuppel wurde mitsamt ihrer Tragkonstruktion gesprengt bzw. herausgeschlagen.
Der 1957 ausgeschriebene Wettbewerb "Hauptstadt Berlin" konnte dem Gebiet nur Anstöße in Form von Papierarchitektur geben. Der erste Preisträger, das Büro Spengelin, Eggeling und Pempelfort, nahm die schon von der Generalbauinspektion Speers projektierte südliche, neue Uferbegrenzung der Spree auf und schlug orthogonal zum Ufer Ergänzungsbauten zum Reichtagsgebäude vor. Im Bereich des ehemaligen Lehrter Fernbahnhofs sollte ein vielspuriges Autobahnkreuz die Verbindung zwischen dem zentrumsnahen Autobahnring und dem Nordzubringer herstellen. Die geplante Schnellstraße sollte nun vom Potsdamer Güterbahnhof kommend durch einen Tunnel unter dem Tiergarten am Platz der Republik vorbei nach Norden geführt werden. Westlich des Potsdamer Platzes wurden Flächen für die Staats- und Landesregierung ausgewiesen. Der Beitrag von Hans Scharoun, dem ein zweiter Preis zuerkannt worden war, sah südwestlich des Platzes großflächige Stellflächen für Kraftfahrzeuge vor.
Parallel zum Wettbewerb hatte Scharoun im Juli 1958 eine Fläche am Kemperplatz als Standort der neuen Philharmonie ins Gespräch gebracht. Dieser Idee war eine prinzipielle Kritik am vorgesehenen, als zu exzentrisch bezeichneten Standort hinter dem Joachimsthalschen Gymnasium an der Schaperstraße vorausgegangen. Mit dem Votum des Abgeordnetenhauses für den Standort von Philharmonie, Staatsbibliothek und der Galerie des 20. Jahrhunderts in Nähe des Kemperplatzes war in zentraler Lage und als bindendes Element für Gesamt-Berlin die Keimzelle des Kulturforums gelegt - als Teil eines Anfang der sechziger Jahre entwickelten und von Werner Düttmann modifizierten Kulturband-Konzeptes. Abseits der West-City sollte in Mauernähe ein Raum für zeitgenössische Kunst entstehen, weitgehend als Gegenkonzept zur Planung und zum architektonischen Duktus des "Runden Platzes" von Albert Speer. Die noch vorhandenen 49 Gebäude des Tiergartenviertels wurden per Bebauungsplan mit Ausnahme von 16 namentlich festgelegten Bauten zum Abriß bestimmt, der auch bis auf wenige Einzelfälle realisiert wurde. Das Haus des Fremdenverkehrs wurde nach mehreren Sprengungen bis 1963 abgeräumt.
Die Planungen zum Kulturforum tragen den Stempel der Bundesrepublik jener Jahre: Sie sind Ausdruck einer geistigen Haltung, die dem Fetisch Automobil, der autogerechten Stadt huldigte und die Tradition bzw. Geschichte bis zur Bewußtlosigkeit verdrängte. So ergab sich denn auch die oft kritisierte Lage und Gestalt der neuen Potsdamer Straße aus der verkehrstechnischen Bedingung, die geplante Westtangente an die Landwehrkanal-Uferstraße, die Potsdamer Straße und den Potsdamer Platz anzubinden, woraus sich der Sachzwang einer Nordverschiebung der Straße ableitete.
Die Gefahr der Ausbildung einer räumlichen Barriere durch den veränderten Verlauf der Potsdamer Straße wurde bei der Standortwahl und Vorbereitung des Wettbewerbs zur Staatsbibliothek erkannt. Der Text der Ausschreibung wies ausdrücklich auf diesen wichtigen stadträumlichen Aspekt hin: "Von entscheidender Bedeutung ist der Anschluß der Staatsbibliothek an das jenseits der Potsdamer Straße gelegene Forum [...]." (Berlinische Galerie 1992, S. 26) Dieser Anschluß schien jedoch für das Votum des Preisgerichts nicht entscheidend gewesen zu sein. Dies war eher einer der Schwachpunkte des prämiierten Scharounschen Konzeptes. Dagegen lobte das Preisgericht unter Verweis auf das gegenüberliegende Gebäude der Nationalgalerie den Wettbewerbsentwurf für die Qualität der städtebaulichen Einbindung: "Das Ausstellungsgebäude Mies van der Rohes - seine Integrierung ist eine besonders schwierige Aufgabe des Wettbewerbs - [...] findet seine maßstäbliche und formale Entsprechung in dem der Gebäudemasse der Staatsbibliothek - gleichfalls auf einer Terrasse - vorgelagerten großen Lesesaal." (Vesper 1978, S. 138) Diese Qualifizierung ist nur nach Betrachtung des Wettbewerbsentwurfs nachvollziehbar, während sie der heutigen Situation nach mehreren Konzeptüberarbeitungen grundlegend widerspricht.
Auf die noch im Wettbewerbsentwurf vorgesehene fußläufige Anbindung der Staatsbibliothek an die zentralen Kultureinrichtungen um die Matthäikirche über zwei die Neue Potsdamer Straße unterquerende Tunnelanlagen ist schließlich verzichtet worden. Ihre Realisierung hätte, wenn auch im Stile der autogerechten Stadt, vielleicht den Inselcharakter der Anlage etwas mindern können. Nach umfangreichen Querelen wurde dem Büro Scharoun 1971 die Projektleitung entzogen, die Bundesbaudirektion übernahm die Verantwortung für den Weiterbau.
Bis in die achtziger Jahre hinein stagnierte die bauliche Entwicklung des ehemaligen Alsenviertels. Mit der Ausschreibung des "Städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerbes 'Platz der Republik'" im Rahmen der breiten, aber letztlich folgenlosen Debatte über einen sogenannten "Zentralen Bereich" deutete sich 1985 unter dem Eindruck der fortdauernden deutschen Teilung die Entwicklung des Spreebogenareals von der fragmentierten Regierungslandschaft zum städtischen Forum an. Der offizielle Anspruch war aber viel höher: Der in der Geschichte der Planungen für Regierungsstandorte so wichtige Spreebogen sollte eine Rolle "als politisches Forum und zentraler Ort deutscher Geschichte" spielen (Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz 1988, S. 106). Das vom Preisgericht als unbefriedigend bezeichnete Wettbewerbsergebnis wurde nicht realisiert. Die Realisierung der Planungen zu einem Deutschen Historischen Museum nach einem Entwurf von Aldo Rossi wurden vom Zerfall der DDR überrollt, der 1987 gelegte Grundstein verschwand kurioserweise in den Magazinen des nun im Zeughaus Unter den Linden ansässigen Deutschen Historischen Museums.
Nach dem Fall der Mauer wurde das Gebiet der historischen Westerweiterungsbemühungen wiederum zu einem Angelpunkt städtebaulicher Entwicklung: Der beinahe schon mythische Potsdamer Platz avancierte zum ersten Ort städtebaulicher Diskussion und Planung. Dabei gaben sich die Akteure alle Mühe, eine nicht nur von Martin Wagner erkannte Regel des Städtebaus zu brechen: "In einer Weltstadt bildet sich nun nicht hochwertiges Gelände in großen, sondern nur in kleinen Flächen. Baustellen am Potsdamer Platz, in der Leipziger Straße, am Alexanderplatz usw. bilden ihren Wert in einer Entwicklung von über 100 Jahren und mehr. Eine Leipziger Straße, eine Friedrichstraße lassen sich nicht künstlich in wenigen Jahren neu schaffen." (Wagner 1930, S. 18)
Für den Bereich des Potsdamer Platzes wurde im Juni 1991 der erste große städtebauliche Ideenwettbewerb nach dem Fall der Mauer unter der Bezeichnung "Potsdamer und Leipziger Platz - Internationaler engerer Wettbewerb" ausgelobt, dem ein europaweites Bewerberauswahlverfahren vorausgegangen war. Trotz des sehr ortsbezogenen Titels erforderte die gestellte Aufgabe weniger die Gestaltung eines eng begrenzten Ortes als den Entwurf für einen ganzen Stadtteil in all seiner Komplexität. Mit dem Begriff "Platz" wurde - wie im übrigen auch am Alexanderplatz - ein jede Platzdimension sprengendes Großprojekt bemäntelt.
Die 17 eingeladenen Teilnehmer, unter ihnen die Büros von Josef Paul Kleihues, Foster Associates, Hans Kollhoff, Axel Schultes, Otto Steidle, Daniel Libeskind und Oswald Mathias Ungers, sollten Stadträume entwerfen, die in der horizontalen Ausprägung die Strukturen der Stadt des 19. Jahrhunderts berücksichtigen: "Die wesentlichen und charakteristischen Merkmale der Berliner Innenstadt, geometrisches Straßenraster, geschlossene Blockränder, Abfolge von Straßen und Plätzen, sollten im Stadtgrundriß und Aufriß erhalten bleiben. Die historische Raumfolge Potsdamer Platz - Leipziger Platz bildet hierbei das verbindende Element." (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz 1991a, Ausschreibung, S. 25) Dabei sollten das polyzentrale Gefüge der Stadt respektiert und eine "Entwicklung dieses Ortes zu der Mitte Berlins, zum Oberzentrum der Stadt" (ebd.) vermieden werden.
Weiterhin wurde unter dem Leitmotiv der europäischen Stadt von den Büros gefordert, einen höchstmöglichen Grad an Nutzungsmischung anzustreben und Raumkonzepte zu entwerfen, die die städtebaulichen Defizite der umliegenden Quartiere, insbesondere des zu Zeiten der DDR erstellten Wohngebiets an der Otto-Grotewohl-Straße sowie des Kulturforums, mindern helfen. In bezug auf die Bebauungshöhe hieß es sehr allgemein und unklar: "Ebenso stehen auch Höhenentwicklungen und Dichte im Zusammenhang mit den tatsächlichen Nutzungen und sind im Sinne einer 'Architektur für den einprägsamen Ort' zu formulieren. Bei der Höhenentwicklung sind insbesondere die Raumgestaltung des Leipziger Platzes und der Umgebungsschutz der Denkmale Tiergarten und Kulturforum zu berücksichtigen." (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz 1991a, S. 26) Diese Formulierungen zeigen, daß sich die Auslober nicht zu einer eindeutigen Vorgabe durchringen konnten.
Unter Leitung von Thomas Siewerts trat im Oktober 1991 das Preisgericht zusammen. Es vergab einen zweiten und dritten Preis an die Büros Ungers und Steidle, der erste Preis ging mit elf gegen vier Stimmen an die Architekten Heinz Hilmer und Christoph Sattler, die unter dem Motto angetreten waren: "Nicht das weltweit verwendete amerikanische Stadtmodell der kompakten Hochhausagglomeration, sondern die Vorstellung von der kompakten, räumlich komplexen europäischen Stadt liegt dem Entwurf zugrunde." (Hilmer und Sattler 1991, S. 2)
Diese Entscheidung löste innnerhalb der Fachwelt einen heftigen Streit über Qualität und Schwächen des schlichten und wenig prätentiösen stadträumlichen Ordnungsschemas aus. Die Jury rechtfertigte ihr Votum mit dem Hinweis, daß das zunächst einfach und traditionell erscheinende Blockmuster genau die Qualitäten besitze, die in der Ausschreibung gefordert worden waren: "Der Verfasser schlägt ein prinzipiell funktionsfähiges System von Kleinblöcken vor, die er als städtebauliche Bausteine versteht. Damit gelingt eine kleinteilige Nutzungsmischung, die nicht nur im Quartier, sondern auch im Einzelblock möglich wird und ausdrücklich erwünscht ist." Und weiter: "Die Nutzungsarten, besonders am Potsdamer Platz, erscheinen in diesem Zusammenhang besonders gelungen. [...] Positiv sind die Torsituationen herauszustellen. Dies gilt auch für die Straßencharakteristiken der Straßentypen." (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz 1991b, Preisgerichtsprotokoll, S. 8f.)
Tatsächlich hatten die Auslober ein Ergebnis erzielt, das per Ausschreibung vorgeben worden war: eine formale Orientierung an der europäischen Stadt vor allem des 19. Jahrhunderts. Daß nicht die Berliner Tradition, sondern die Tradition der europäischen Stadt zum Ausgangspunkt genommen wurde, unterstrich auch Christoph Sattler selbst: "Die an Mailänder oder Madrider Maßstäbe erinnernden, längs und quer gereihten, etwa zehnstöckigen Blöcke von 50 mal 50 mal 35 Metern solle ein Netz von je 17,5 Meter breiten Straßen durchziehen; die angestrebte Zwei-zu-eins- Proportion von Volumen und Profil gewährleiste gute Belichtung und Belüftung; die vorgeschlagene Parzellenstruktur vermittle zwischen der kleinteiligen Friedrichstadt im Osten und dem großräumigen Kulturforum im Westen." (Dok. in Stegers Dritter Teil 1991)
Der preisgekrönte Entwurf enthielt auch eine nur um wenige Grad nach Süden hin verschwenkte neue Potsdamer Straße. Diese Trassenführung hatte den Abriß eines großen Teils des eingetragenes Baudenkmals Hotel Esplanade zur Bedingung, ein Vorhaben, das der Fachöffentlichkeit lange verborgen blieb und später um so heftiger kritisiert wurde.
Auf der Grundlage des prämiierten Entwurfs von Hilmer und Sattler wurden von den Investoren Realisierungswettbewerbe zu den verschiedenen Flächen um Potsdamer und Leipziger Platz ausgeschrieben. Den ersten Schritt tat bereits im März 1992 die Daimler Benz AG, als sie für ihr "Filetstück", den mit 67.000 Quadratmetern Fläche größten Teilbereich des Areals, der sich vom Potdamer Platz bis zum Landwehrkanal und zur Philharmonie erstreckt, einen beschränkten, internationalen Realisierungswettbewerb auslobte, zu dem sieben renommierte deutsche Büros, darunter Kleihues, von Gerkan, Hilmer und Sattler sowie Ungers, und sieben ausländische Büros, darunter Isozaki, Meier, Rogers und Holzbauer, eingeladen wurden.
In der Ausschreibung wurde der Kunstbegriff der "erlebbaren Traufhöhe" von 35 Metern eingeführt, die um zwei Staffelgeschosse bis zur "absoluten Traufhöhe" gesteigert werden könnte. Die Bebauung sollte sich, wie im Entwurf von Hilmer und Sattler vorgesehen, in drei Blöcke aufteilen, die Trasse der alten Potsdamer Straße sollte respektiert und als öffentlicher Raum wiedergewonnen werden. (Daimler Benz AG 1992, S.16ff.) Prämiiert wurde in diesem Verfahren die Arbeit des Büros Renzo Piano, die zum Landwehrkanal hin eine Wasserfläche zeigte, in deren Mitte ein Tunnelmund des geplanten Tiergartentunnels vorgesehen war. Die Organisation der Baustruktur erfolgte in kleinteiligen Blöcken mit Atrien und zwischenliegenden Passageräumen, die sich jeweils orthogonal an der Neuen Potsdamer Straße und der Linkstraße längs des ehemaligen Potsdamer Personenbahnhofs orientierten. Über den Baukörper eines sich formal an den Bau der Staatsbibliothek anlehnenden "Musicaltheaters" am südlichen Ende der alten Potsdamer Straße, der ein als Piazza bezeichneter Platzraum vorgelagert ist, gelang unerwartet der städtebauliche Übergang zur skulpturalen und selbstbezogenen Sechziger-Jahre-Bebauung des Kulturforums. Die vertikale Staffelung sah die Ausbildung von drei Turmgebäuden vor: zwei etwa 80 Meter hohe Baukörper an der Gabelung zwischen alter und Neuer Potsdamer Straße sowie am Landwehrkanal als Teil des Bürokomplexes der Debis-Verwaltung und ein drittes etwa 60 Meter hohes Gebäude an der Ecke Linkstraße.
Ebenfalls 1992 wurde auf der Fläche zwischen Neuer Potsdamer Straße und Bellevuestraße von der Firma Sony ein Realisierungswettbewerb ausgelobt. Die Liste der eingeladenen Büros ließ bereits im Vorfeld erkennen, daß bei diesem Projekt zuvorderst international geprägte Architektur und weniger ein Auftakt zur Wiedergewinnung eines Stücks Berliner Stadtgeschichte erwünscht war. Schlüssigerweise stellte das Büro Jahn, Chicago, den Siegerentwurf. Im Zentrum des dreieckigen Gebäudekomplexes steht ein ellipsenförmiges Atrium nordamerikanischer Prägung, um das - wie in der Ausschreibung gefordert - ein Sony-Konzernkomplex, weitere Büro- und Gewerbeflächen, ein Hotel und das hier seit den achtziger Jahren nach einem Wettbewerbsentwurf von Hermann Hertzberger geplante Filmhaus Esplanade angeordnet sind. Die vertikale Dominante wurde wie bei den meisten anderen Entwürfen unmittelbar am zum Potsdamer Platz angesiedelt.
Besondere Kritik erfuhr das von Sony geforderte Atrium, das zu Recht als Konkurrenz zum öffentlichen Raum der geplanten Straßen und des Potsdamer Platzes selbst aufgefaßt wurde. "Unter dem Protektorat der traditionellen europäischen Stadt, die zur Abwehr der amerikanischen Stadt ins Feld geführt wurde," so Fritz Neumeyer im "Tagesspiegel" vom 25. Oktober 1992, "wird nun tatsächlich amerikanische Kommerzarchitektur reinsten Wassers gebaut werden: nicht in Gestalt des Hochhauses, das der Straße an Lebendigkeit durchaus etwas zu bieten hat, sondern in Gestalt der Shopping Mall, die ihre Funktionen von der Straße weg nach innen wendet und städtisches Leben somit wie im Aquarium in glasgedeckten, abschließbaren Innenräumen aufnimmt."
Der Wettbewerbsentwurf des Büros Jahn präsentierte das amputierte Restgebäude des Hotels Esplanade in einer Glasumrahmung als Lobbygebäude mit historischem Touch für eine moderne Luxusherberge. In der im Frühjahr 1995 präsentierten Entwurfsüberarbeitung ist diese Haltung zu einer aufdringlichen Überformung gesteigert. Die Firma Sony hat sich mittlerweile aus der aktiven Entwicklung des Projekts zurückgezogen und diese dem minderheitsbeteiligten Unternehmen Tishman Speyer Properties überlassen, einem Unternehmen, dem wir auch beim Projekt Lehrter Bahnhof begegnen werden.
Als dritter der großen Entwickler am Potsdamer Platz stellte im Jahre 1993 die Firma ABB (Asea Brown Boveri) den ebenfalls über einen Wettbewerb ermittelten Entwurf für ihre entlang der Köthener Straße gelegene Baufläche vor, in den eine Tunnelrampe für den öffentlichen Schienennahverkehr zu integrieren war. Geladen waren hierzu unter anderem die Büros Sawade, Ortner & Ortner und Axel Schultes mit Charlotte Frank. Der erste Preis wurde dem Büro Giorgio Grassi zuerkannt, das meist achtgeschossige, H-förmig organisierte Baukörper mit Rasterfassaden in der dem Büro eigenen Architektursprache vorschlug. Nur an der der Stresemannstraße zugewendeten, nördlichen Kopfbebauung wird der Baukörper durch ein dreigeschossiges Sockelgeschoß akzentuiert und leicht überhöht. Schon wegen der anhaltenden Unklarheit über die Erschließung des Platzes durch den öffentlichen Personennahverkehr wird sich die Realisierung dieses Projekts verzögern.
Neben der kaum akzeptablen Vorgehensweise, privaten Entwicklern die Planung eines ganzen Stadtviertels zu überlassen, und den jeweils projektinternen stadträumlichen und strukturellen Problemen bleibt - abgesehen von der Anbindung nach Osten zur Leipziger Straße und Wilhelmstraße - die Anbindung nach Westen eine stadträumliche Schwierigkeit. Die Baukörper des Kulturforums wie der städtebauliche Gesamtentwurf besitzen einen selbstbezogenen, insulär- skulpturalen Charakter. Bislang ist nicht erkennbar, ob es gelingt, diese Barriere zu überwinden. Die Zauberformel der Scharoun-Anhänger, zur nachträglichen Realisierung einer historischen Planungsidee angetreten, lautet: "Zu Ende bauen". Ob dies angesichts der völlig veränderten Verhältnisse sinnvoll ist oder ob das Kulturforum durch Additionen zeitgenössischer Architektur mit neuen Funktionen angereichert werden soll, ist weiterhin heiß umstritten. Auf alle Fälle muß es weiter entwickelt werden, damit die Fläche der Zweckbestimmung eines "Forums" im Sinne eines öffentlichen Stadtraumes gerecht werden kann. Die Diskussion um das "Weiterbauen" sollte allerdings stärker aus städtebaulicher Perspektive geführt werden. Dabei muß von der durch Scharoun entwickelten Vorstellung einer durch Schnellstraßen gegliederten "Stadtlandschaft" Abschied genommen werden.
Insgesamt entfaltete sich am Projekt Potsdamer Platz eine öffentliche Auseinandersetzung, die sich nicht nur auf Fragen der Architektur und des Städtebaus im engeren Sinne beschränkte, sondern in der auch Fragen des Eigentums, des Verkehrs, des Nutzungsprofils, des Verhältnisses zwischen Investor und öffentlicher Hand thematisiert wurden. Diese Qualität der Auseinandersetzung wurde bei späteren Konflikten nicht mehr erreicht.
Ein zweiter Schwerpunkt der Zentrumserweiterung West liegt im Spreebogen. Die deutsche Teilung und der Mauerbau hatten hier eine räumliche und funktionale Brache hinterlassen, an der die spärlichen Wiederbelebungsversuche der Nachkriegszeit abprallten. Erst nach dem politischen Zusammenbruch der DDR konnte das Spreebogenareal an seine historisch geprägte, stadtstrukturelle und nationale Bedeutung anknüpfen.
Mit der auf politischer Ebene getroffenen Entscheidung, wichtige Regierungsgebäude im Spreebogenareal anzusiedeln, und der anschließenden Ausschreibung des "Städtebaulichen Ideenwettbewerbes Spreebogen" im Juni 1992 gewann die Entwicklung des Gebietes an Dynamik. Nunmehr war - nach dem Auftakt am Potsdamer Platz - der zweite Schritt eines neuerlichen Anlaufs zur Zentrumserweiterung West getan.
Der Entwurf des Büros Schultes, der sich auch in der zweiten Wettbewerbsstufe durchsetzte und in einer dritten Stufe überarbeitet wurde, löste sich aus der historisch geprägten und teilweise auch diskreditierten Nord-Süd-Fixierung und stellte sich mit seiner Ost-West-Orientierung in die Tradition von Ansätzen, wie sie etwa von Häring und Holzbauer/Stamm in den zwanziger Jahren vorgeschlagen worden waren. Begünstigt wurde diese Herangehensweise durch den verbreiteten Wunsch nach einem Symbol für das geforderte Zusammenwachsen von Stadt und Land, das der Entwurf im Modell zweifellos bieten konnte. Das Projekt zieht eine 96 Meter breite lineare Bandstruktur vom Stadtteil Moabit nach Mitte, die sich im Spreebogen von West nach Ost in die Bereiche für das Bundeskanzleramt, ein öffentliches Forum und einen als Alsenblock bezeichneten Baukörper gliedert, der als Erweiterung des Reichstagsgebäudes dienen soll. Südlich dieser Bandstruktur ist das der ehemaligen Kongreßhalle vorgelagerte, den Gestus eines hellenistischen Theaters aufnehmende Gebäude des Bundesrates angesiedelt.
Parallel zu diesem Verfahren wurde ein Wettbewerb zur Neugestaltung des Reichstages einschließlich des unmittelbaren Umfeldes mit dem Reichstagspräsidentenpalais ausgelobt, zu dem 80 Arbeiten eingereicht wurden. Wie 1882 beim Wettbewerb zum Neubau des Reichstagsgebäudes konnte sich die Jury zu keinem eindeutigen Votum durchringen und vergab gleichberechtigt drei Preise in der ersten Preisgruppe, und zwar an die Architekten Santiago Calatrava, Pi de Bruijn und Norman Foster. Deren Entwürfe sollten noch einmal überarbeitet werden. Die zu diesem Verfahren entwickelten Vorgaben engten den Gestaltungsrahmen derart und auf neue Weise ein, daß die bisherige Entwurfsarbeit vollkommen in Frage gestellt wurde. Der Text dieser Ausschreibung forderte im Gegensatz zur Wettbewerbsausschreibung: "Der Umbau des Reichstagsgebäudes soll mit geringer Eingriffstiefe erfolgen. Die Außenwände und die unmittelbar dahinterliegenden Bau- und Raumstrukturen sollen soweit wie möglich erhalten bleiben." (Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung 1993, S. 130)
Als souverän im Umgang mit den Gewaltigen des Bundestages erwies sich vor allem Norman Foster, der zunächst eine weit ausladende, auf 25 Stützen ruhende Dachstruktur entworfen hatte. Nun trat er mit zwei sehr bescheidenen und sich lernbereit und pragmatisch gebärdenden Entwurfsvarianten an, die den spezifischen Interessen der Bundestags-Lobby entgegenkamen. Sein Entwurf ließ die äußere Gestaltung des Reichstags weitestgehend unangetastet und schlug Veränderungen nur im Inneren des Baukörpers vor. "Wir sind nicht der Ansicht," so Foster in seiner Entwurfsbeschreibung, "daß es angemessen wäre, unseren ursprünglichen Entwurf einfach abzuändern. Es ist vielmehr notwendig, noch einmal von vorne anzufangen - bei neuen Ausgangspunkten. Die Punkte, von denen wir ausgehen, sind die internen Arbeitsabläufe im deutschen Parlament und die historische Struktur des Reichstages. Wir haben diese Punkte detailliert untersucht und dabei für beide Aspekte ein besseres Gespür und ein genaueres Verständnis gewonnen." (Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung 1993, S. 132) Die Konzept- und Baukommission des Bundestages votierte im Sommer 1993 für die Beauftragung von Foster und damit für dessen überarbeiteten Wettbewerbsbeitrag. Mit dieser Entscheidung war der Streit über die äußere Gestalt aber keineswegs beendet.
Im Frühjahr 1994 wurde von der Bundesbaugesellschaft unter Vorgabe des städtebaulichen Konzeptes von Axel Schultes ein Wettbewerb zu einem "Alsenblock" genannten Bürokomplex für Bundestagsabgeordnete auf einer nördlich des Reichstags gelegenen Fläche ausgelobt. Dem Realisierungswettbewerb war ein europaweit ausgeschriebenes Bewerberverfahren vorgeschaltet, in dessen Folge 55 Architekten als Teilnehmer geladen wurden, darunter die Büros Krüger/Schubert/Vandreike, Sauerbruch/Hutton, Böhm und Mäckler. Den ersten Preis in diesem Verfahren errang das Büro Stephan Braunfels mit einer heiteren, nach Süden und Norden geöffneten, die Büroflächen fassenden Kammstruktur, die sich dem strengen städtebaulichen Entwurf von Schultes aber dennoch unterordnet. Der mittlere Bauteil nimmt die Sitzungssäle sowie die Flächen für die Bundestagsbibliothek auf. Dem Baukörper ist zur Spree hin ein turmartiger Halbzylinder vorgelagert, dessen ausgewiesene Büronutzung vom Preisgericht als Unternutzung bemängelt wurde (Bundesbaugesellschaft Berlin 1994b, Preisgerichtsprotokoll, S. 11). Der Haupteingangsbereich ist nach Westen auf einen mit Forum bezeichneten Vorplatz hin orientiert. Da den Abgeordneten ähnlich wie bei der Bauplatzdiskussion von 1882 ein zusätzlicher Fußweg von 50 Metern nicht zugemutet werden soll, fordert die Bundesbaugesellschaft eine Abwendung vom westlich gelegenen "Forum" und eine Zuwendung zum Reichstag nach Süden hin.
Ende 1994 wurde auch der Wettbewerb zum Bundeskanzleramt entschieden. Diesem war wiederum ein europaweit ausgeschriebenes Bewerbungsverfahren vorgeschaltet, nach dem 41 Büros zum Wettbewerb geladen wurden, eine mittlerweise übliche Praxis bei den Projekten der Hauptstadtplanung. Wieder einmal konnte sich die Jury zu keinem eindeutigen Votum durchringen, vergab zwei erste Preise an die Büros Schultes sowie Krüger, Schubert und Vandreike und verschob die endgültige Entscheidung auf die politische Ebene. Der Entwurf von Axel Schultes lehnt sich von außen betrachtet an die Kammstruktur des Alsenblock-Siegerentwurfs von Stephan Braunfels an und weicht die selbstformulierte scharfe städtebauliche Kante auf. Die über den eigenen städtebaulichen Entwurf festgelegte Bebauungshöhe vermochte er - nach einer entsprechenden Intervention des Bundeskanzleramtes - ebenfalls nicht mehr einzuhalten und projektierte einen zwischen die 22 Meter hohen Verwaltungsbereiche positionierten, erhabenen Baukörper von etwa 40 Meter Höhe für den eigentlichen Leitungsbereich. Einer transparenten Lobby mit Blick auf einen Ehrenhof schließen sich drei Bauteile mit Kabinettsälen und dem Kanzlerbüro an.
Der zweite Siegerentwurf kann eine gewisse Affinität zum neoimperialen Gestus italienischer Prägung nicht ganz verhehlen. Krüger, Schubert und Vandreike nehmen die scharf gesetzten Kanten des städtebaulichen Konzepts auf, formulieren die Leitungsbereiche als 36 Meter hohen Kubus, an den sich nach Westen ein U-förmiger Hof zur Spree hin öffnet und nach Osten eine beinahe quadratische Anlage mit Ehrenhof für die Verwaltungsbereiche anschließt. In der Fassadengestaltung sind jeweils zwei Geschosse über ein Pfeilergerüst in Kolossalordnung zusammengefaßt und durch weite, gebäudehohe Öffnungen zusätzlich gegliedert. Die Kanzlerresidenz befindet sich auf der Westseite der Spree in einem kleinen Park.
Zu einem dritten, geschichtsträchtigen Schwerpunkt der Zentrumserweiterung West wurde das Gebiet um den ehemaligen Lehrter Fernbahnhof. Hintergrund dieser Entwicklung war auch in diesem Falle die übergeordnete Bahnhofsplanung. Im Juni 1992 beschloß die Bundesregierung das sogenannte Pilzkonzept. Dieses Konzept sieht die Errichtung eines Fernbahnhofs im Bereich des heutigen Lehrter Stadtbahnhofs vor, an dem sich die entlang der Stadtbahn geführte Ost-West- Fernbahntrasse mit der durch einen Tunnel geführten Nord-Süd-Fernbahntrasse kreuzen soll. Diese Planung widerspricht der traditionell dezentralen Berliner Eisenbahn- und Stadtstruktur, knüpft aber zugleich an Zentralisierungskonzepte der Vergangenheit an. Abgelehnt wurde das dezentrale Ringkonzept, das von einer starken fachlichen Opposition favorisiert wurde und hinsichtlich einer ausgewogenen Zentrumsstruktur deutliche Pluspunkte aufwies.
Erschlossen werden soll der neue Berliner Zentralbahnhof - ein Begriff, den die Verantwortlichen von Bahn und Politik eher vermeiden - in erster Linie durch den öffentlichen Schienennahverkehr, während am zukünftigen "Südbahnhof" an der Papestraße Umsteigemöglichkeiten durch größere Stellplatzflächen für den motorisierten Individualverkehr vorgesehen sind. Zunächst war die Anbindung an den öffentlichen Schienennahverkehr über die Stadtbahn und eine neu zu schaffende U-Bahnlinie vom Alexanderplatz über die Straße Unter den Linden nach Moabit geplant. Nachdem dieser Planung jedoch gutachterlich (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz 1993b, S. 25) schon 1993 Unzulänglichkeit bescheinigt worden war, entschieden sich die politisch Verantwortlichen nach langem Hin und Her für den Bau einer S-Bahnlinie vom Potsdamer Platz über den Lehrter Bahnhof in Richtung Jungfernheide, die in der Vergangenheit schon einmal zur Diskussion gestanden hatte. Die Realisierungschancen der geplanten neuen U-Bahnlinie sind zweifelhaft, obwohl die Trasse bereits medienwirksam präsentiert, per Senatsbeschluß abgesegnet und Finanzhilfe aus Bonn in Aussicht gestellt worden ist. Sie ist in ihrem östlichen Abschnitt planungsrechtlich nicht abgesichert, und auch die Gesamtfinanzierung bleibt weiterhin unklar.
Fortgeschritten sind dagegen die Planungen für den Bahnhof selbst und das ihn umgebende neue Stadtviertel. Grundlage aller Projekte im Areal zwischen Stadtbahntrasse und Spree war der gekürte städtebauliche Entwurf von Axel Schultes, der in seiner Beschreibung formuliert hatte: "Unser Vorschlag ist es daher, 'Stadt' dort zu machen, wo sie auch ohne Planung hineinwachsen würde: von der Friedrich-Wilhelm-Stadt und von Moabit aus in das gesamte Areal zwischen Stadtbahn und Spree. Auch der Hansa-Viertel-Ableger im Moabiter Werder sollte durch ein solides Stück Stadt ersetzt werden." (Arbeitsgruppe Berlin-Wettbewerbe 1993, S. 46) Bereits im Herbst 1992 wurden die Büros Kleihues sowie von Gerkan, Marg und Partner mit der Erarbeitung einer Bahnhofsstudie unter Berücksichtigung des direkten baulichen Umfeldes beauftragt. Dabei wurde ein Erhalt des unter Denkmalschutz stehenden Lehrter Stadtbahnhofs zwar intern diskutiert, aber wegen angeblicher Undurchführbarkeit schnell verworfen. Der Ort sollte von lästigen Baukörpern befreit werden. Der Denkmalschutz wurde wieder einmal grob mißachtet. Dabei hätte die Einbeziehung des Stadtbahnhofs in das Konzept eine interessante Entwurfsaufgabe sein können. Die Entscheidung fiel zugunsten einer Projektvariante des Büros von Gerkan, das eine in Ost-West- Richtung gekrümmte Bahnhofshalle vorschlug, die von zwei nord-süd-orientierten Gebäudescheiben geschnitten wird. Der zunächst als Machbarkeitsstudie bezeichnete Entwurf avancierte infolge der Entscheidungsschwäche der Bahn im Zusammenhang mit der Privatisierung und Umstrukturierung nachträglich und unter selbst gesetztem Zeitdruck zum Realisierungskonzept für den neuen Umsteigebahnhof.
Der Bahnhofsentwurf wurde im Sommer 1994 neben dem Schultes-Konzept Grundlage eines von Tishman Speyer Properties organisierten zweistufigen, beschränkten Wettbewerbverfahrens, zu dem unter anderem die Büros Dudler, Kleihues, Schultes, Ingenhoven und Ungers geladen wurden. Wieder einmal waren im Vorfeld des Wettbewerbes die grundlegenden Zielsetzungen umstritten - diesmal zwischen der Bahn und Berlin. Immerhin gelang es, die ursprünglich diskutierte bauliche Dichte deutlich zu reduzieren, den Wohnungsanteil auf immerhin 30 Prozent festzulegen und die Einzelhandelsflächen zu begrenzen.
Aus der ersten Wettbewerbsstufe wurden vier preiswürdige Arbeiten für eine zweite Überarbeitungsphase ausgewählt. Schließlich empfahl Preisgericht im Dezember 1994 den Entwurf von Ungers zur Realisierung. Ungers schlägt zwei nordöstlich und südwestlich des Bahnhofs gelegene Solitärkörper vor, die - orthogonal zum Bahnhofsgebäude plaziert - Büro- und Hotelflächen aufnehmen sollen. Zum Streitpunkt wurde die vorgeschlagene Umbauung des Humboldthafens, die diesen in die Stadtstruktur einbinden soll, ähnlich einer städtebaulichen Geste, wie sie von Martin Wagner bereits 1930 konzipiert worden war. Nördlich der Invalidenstraße wurde dem Entwurf des Büros Dudler der Vorzug gegeben, das hier im Gegensatz zu Ungers nach innen ausgerichtete, geschlossene Blockstrukturen vorsieht, die sich an der Heidestraße orientieren. Eine Fortführung dieser Struktur nach Norden ist für den Zeitpunkt geplant, an dem der Containerbahnhof für die zukünftige Trasse der B 95 freigeräumt sein wird.
Die gegenwärtigen Bemühungen zur Wiederbelebung der Zentrumserweiterung West haben erst gar nicht den Versuch gewagt, aus den reichen und ernüchternden Erfahrungen der Vergangenheit zu lernen. Gerade die Planungen in diesem Bereich der Stadt entpuppen sich als Musterfall einer Retortenplanung, deren irritierendes und umstrittenes Symbol das immer wieder umgeplante, nord- süd-verlaufende Tunnelsystem ist.
Die drei Erweiterungsbereiche Potsdamer Platz samt Umfeld, Spreebogen und Lehrter Fernbahnhof samt Umfeld wurden weitgehend als isolierte Projekte entwickelt, die nur sehr mühsam und mangelhaft miteinander vernetzt werden können. Tatsächlich werden sie ja vor allem durch einen alles andere als städtische Räume bildenden Tunnel verbunden. Natürlich ist die Frage berechtigt, ob hier überhaupt eine Vernetzung angebracht ist. Das südliche geplante private Bürozentrum wird vom nördlichen Bürozentrum am künftigen Zentralbahnhof durch den Tiergarten und eine staatliche Regierungslandschaft getrennt, die ihrerseits einen nur beschränkten Passagencharakter hat und haben soll. Nicht eine Fortsetzung des Zentrums, sondern eine Folge isolierter Areale ist zwangsläufig die Konsequenz.
Auch zur bestehenden Stadt sind die Verknüpfungen äußerst unzureichend oder nicht angemessen bedacht. Das Areal um den Potsdamer Platz wird vom historischen Zentrum vermutlich durch einen öden Abschnitt der Leipziger Straße mit privaten oder staatlichen Büros abgeschnitten sein. Die Verdrängungspotentiale des Großprojekts im Bereich des südlichen Tiergartenviertels sind nicht geklärt worden. Das Spreebogenareal soll erst gar nicht mit dem historischen Zentrum in einer unverkrampften Weise verbunden werden - die Debatte um die Verkehrsführung auf der Clara- Zetkin-Straße ist nur ein Ausdruck dieser erwünschten Selbstisolierung. Die große symbolische Geste des Schultes-Entwurfes als einer "Ost-West-Brücke" wirkt im östlichen Teil eher als formaler Riegel, der die historische Nord-Süd-Verbindung der Luisenstraße in Frage stellt. Das Areal um den Lehrter Bahnhof wird durch die historische Stadtraumbarriere der Charité vom historischen Zentrum abgeschottet, die höchst bedrohlichen Verdrängungspotentiale für Moabit werden heruntergespielt.
Die Projekte zur Zentrumserweiterung West werfen darüber hinaus eine Grundsatzfrage auf: Braucht Berlin in absehbarer Zeit eine Zentrumserweiterung für Büroflächen, sind also die vorhandenen Flächen im historischen Zentrum nicht ausreichend? Der Bedarf an Zentrumsflächen wurde bereits in der Vergangenheit durch Politik und Planung immer wieder in grotesker Weise überschätzt. Ist es nicht abzusehen, daß das Angebot der privaten Großprojekte die Entwicklung des historischen Zentrums, besonders in seinem Ostteil, erheblich behindern wird? Sind diese Projekte nicht wieder faktisch nur ein weiterer Trumpf in der jahrhundertelangen gegensätzlichen Entwicklung der westlichen und der östlichen historischen Stadt, ein Trumpf zu Lasten des Ostens? Welche Auswirkungen hätte eine zögernde Nachfrage auf die Projekte selbst? Wäre dann nicht eine Stagnation am neuen Zentralbahnhof und eine gebremste Entwicklung am Potsdamer Platz zu erwarten? Entsprechende Szenarien wurden nicht in Auftrag gegeben - eine der Unterlassungen der Zentrumsplanung heute.
Schließlich bleibt die Frage nach den Folgen des neuen Lehrter Bahnhofs für das Zentrum. Würde der Bahnhof wirklich als Zentralbahnhof funktionieren, dann entzöge er der traditionell wenig hierarchisch geprägten Zentrumsstruktur eine ihrer Grundlagen. Zugleich würde die abseitige Lage - die Abschottung zum historischen Zentrum wie zur Charlottenburger "City" - dramatisch fühlbar. Neue, stadtzerstörerische Verkehrsprojekte würden zu neuen Konflikten Anlaß geben, weitere historische Bauten und Anlagen wären bedroht. Auch hier erweist sich die Verkehrsplanung als die problematischste und im Hinblick auf eine nachhaltige Zentrumsentwicklung am wenigsten ausgewogene Planungsebene, als die Achillesferse der Zentrumspolitik.