Das ehemalige Reichsbankgebäude wurde 1934 - 1940 nach Plänen des Reichsbankbaudirektors Heinrich Wolff errichtet. Es umfaßt heute nach HPP International ca. 920 Büroräume, zumeist 1-Achs-Räume mit 15-20 m2 (540) und 2-Achs-Räume (330). Dazu kommen 47 Büroräume mit mehr als 40 m2, 6 große Sitzungszimmer, ein Konferenzsaal mit 1.250 m2, ein Kinosaal mit 300 m2 und weitere spezielle Funktionsräume: Die Geschoßhöhen betragen 4,00 bis 4,20 m (Erd-, 2. bis 4. Geschoß), im ersten Geschoß 6,80 m (zum Teil mit Zwischengeschoß) und im Dachgeschoß 2,40 m. Die Grundstücksfläche umfaßt 22.700 m2, die überbaute Fläche 13.000 m2, die Bruttogeschoßfläche 114.200 m2, die Hauptnutzfläche insgesamt 51.400 m2.
Das ehemalige Reichsbankgebäude bildet stadtbaugeschichtlich den letzten, noch heute erlebbaren Baukörper, der von einer langen Tradition öffentlicher Nutzung im südlichen Bereich des Friedrichswerder zeugt. Diese Tradition wurde durch Friedrich II. mit der Einrichtung der Königlichen Giro- und Lehnbanco 1765 begründet. Als einziger bedeutender, überkommener Bau in diesem Stadtteil ermöglicht er wegen seiner Verschwenkung nach Südosten auch eine stadträumliche Erinnerung an den historischen Grundriß des Friedrichswerder.
Als erster nach der "Machtergreifung" konzeptionell in Angriff genommener Großbau Berlins spiegelt das Reichsbankgebäude baugeschichtlich die architektonischen Umbruchsverhältnisse um 1933 exemplarisch wider. Seiner Errichtung ging der einzige bedeutende Wettbewerb der NS-Zeit voraus, an dem "moderne" wie "traditionalistische" Architekten beteiligt waren. Die Entscheidung für den Entwurf des Reichsbankbaudirektors Heinrich Wolff verdeutlicht die Absage an die "modernen" Entwürfe, verweist aber auch auf das dominante, funktionale Auswahlkriterium der "Bankverträglichkeit". Tatsächlich wurde dem Reichsbankneubau von der NS-Propaganda keine besondere Beispielhaftigkeit zugebilligt. In Bildwerken wurde es kaum präsentiert. Der eher nüchterne Bürobau hat natürlich zeittypische Merkmale - etwa die Kombination von "modernem" Stahlbetonskelettbau mit "traditionalistischer" Natursteinverkleidung. Als typische NS-Geste kann vor allem die starre, monumentalisierende Hauptfront gelten, die zwischen dem "ehrenhof“artig inszenierten, nicht realisierten Reichsbankplatz und der inneren Zentralachse des Gebäudes vermitteln soll. Abgesehen von der Raumfolge der Zentralachse wirkt der Bau im Inneren vor allem als funktionaler Bürobau.
Nutzungsgeschichtlich stellt der Baukomplex den Übergang von einer Banknutzung (NS-Zeit) zu einer staatlichen Verwaltung und Parteizentrale (DDR-Zeit) dar. Zuerst - anknüpfend an die vergangene Nutzung - als Sitz des Finanzministeriums bestimmt, wurde der Bau seit 1959 zum eigentlichen Regierungs- und Machtzentrum der DDR. In diesem Bau wurden durch das Politbüro bzw. das ZK der SED die zentralen politischen Entscheidungen des DDR-Staates getroffen. Nach der Wende wird der Baukomplex zu einem Schlüsselbauwerk der deutschen Vereinigung: Hier wird in allerhöchster Eile die Währungsunion vorbereitet und durchgeführt. Gleichzeitig fanden im Gebäude die letzten entscheidenden Tagungen der freigewählten Volkskammer statt.
Heute residiert im Gebäude vor allem die Deutsche Bundesbank und ihre Einrichtungen, die Deutsche Bank AG als Untermieterin der Bundesbank, dann das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Außenstelle Berlin, das Bundesamt für Finanzen, Außenstelle Berlin, das Bundesamt für Post und Telekommunikation, Außenstelle Berlin, sowie die Wasser- und Schiffahrtsdirektion Ost.
Seit 1990 wurden an dem Gebäude vor allem seitens der Deutschen Bundesbank und des Bundesvermögensamtes umfangreiche Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten vorgenommen. Gegenstand dieser Maßnahmen waren u.a. die Naturstein- und Putzfassade, die Attika und das Dach, Fenster-, WC-Anlagen, Fußböden, Türen, Innenwände, Decken, Elektro- und Sanitärinstallationen. Teilweise wurde auch entkernt. Dazu kommen aufwendige EDV-Anlagen. Die Instandsetzungsarbeiten an der Außenfassade werden durch das Bundesvermögensamt gegenwärtig fortgeführt.
Insgesamt wurden nach Informationen, die der Senatsbauverwaltung vorliegen, über 60 Mio. DM in die Instandsetzung und Modernisierung des Gebäudes bis Januar 1993 investiert. Vor allem durch die Bundesbank wurden etwa 50 % der Hauptnutzfläche mit Investitionsmitteln von etwa 2500 DM/m2 erneuert. Diese Maßnahmen zeigen, daß eine Nutzung des alten Gebäudes durchaus möglich und sinnvoll ist. Für die weitere Instandsetzung und Modernisierung des Gebäudes muß wohl ein Aufwand kalkuliert werden, der den bisherigen Investitionen entspricht. Nach Schätzungen der Senatsbauverwaltung kann dagegen bei einem Abriß/Neubau von Kosten im Umfang von 50 bis 100 Mio. DM und einem Zeitaufwand von mindestens einem Jahr allein für den Abriß ausgegangen werden. Für einen Neubau wären darüber hinaus noch etwa 500 bis 600 Mio. DM zu kalkulieren (bei Kosten von 10.000 bis 12.000 DM/m2 und 50.000 m2 Hauptnutzfläche). In der Bilanz würde daher ein Abbruch/Neubau um etwa eine halbe Milliarde DM teurer als die Sanierung des Altbaus.
Stadträumlich bedarf der ursprünglich in das dicht bebaute Straßennetz des Friedrichswerder eingebundene Baukomplex eines neuen Kontextes. Um der starren Monumentalität der Hauptfassade jede Wirkung zu nehmen, sollte ihr keine Platzanlage vorgelagert werden. Eine normale Straße vor der Hauptfassade wäre angemessen.
Zwischen dieser Straße und der Werderstraße ist im Rahmen der Hauptstadtplanung ein Baublock vorgesehen, der das Reichsbankgebäude erweitern soll ("Leitungsbau" des Auswärtigen Amtes). Falls das Bundespräsidialamt den Bereich westlich des Spreekanals zwischen Unter den Linden und Werderstraße einschließlich des eventuell wieder aufzubauenden Gebäudes der Bauakademie einnehmen wird, führt der Bau eines Erweiterungsblocks im Norden des Bankgebäudes zu einer stadträumlich einzigartig kompakten, stadtunverträglichen Barriere von Regierungsfunktionen im Herzen Berlins. Wenn das Gebäude der Bauakademie nicht wesentlich für wissenschaftliche bzw. kulturelle und damit öffentliche Zwecke genutzt werden kann, wäre ein Erweiterungsbau westlich des Reichsbankgebäudes zu erwägen, um den nördlich gelegenen Block städtischen Nutzungen zuzuführen und damit die Wirkung der Barriere etwas zu lindern.
Der westlich des Reichsbankgebäudes heute vorhandene Freiraum soll zum Teil wieder in Anlehnung an das historische Straßennetz bebaut werden. Allerdings ist zu beachten, daß dabei nicht die Qualität des Wechsels von Freiraum und enger Bebauung vollständig geopfert wird.
Der Umgang mit dem Gebäude sollte die dominanten Merkmale der NS-Zeit thematisieren. So wäre es sinnvoll, der starren Hauptfront neue Akzente hinsichtlich Farbe, Bauelementen und Baumaterialien entgegenzusetzen. Ähnliches wäre für die innere Raumfolge der zentralen Achse überlegenswert. Die neuen Akzente könnten sich auf die Architektur des geplanten Erweiterungsbaus beziehen und so die Zusammengehörigkeit der Bauten unterstreichen. Wünschenswert wäre es weiter, insbesondere an der Kurstraße die Unterbringung von städtischen Einrichtungen in der Sockelzone zu prüfen, um der monofunktionalen Verödung des öffentlichen Raums zu begegnen.